„Ausbildung zur Pflegefachkraft mit 46 – echt jetzt?“

Stationäre Pflege

Der Vocatium Ausbildungspreis: Schreibwettbewerb für Azubis

Gerichtet an Ausbildungsbetriebe und ihre Azubis schreibt das Institut für Talententwicklung jährlich einen vocatium Ausbildungspreis unter dem Motto „Warum ich meine Ausbildung liebe“ aus.

In diesem Jahr haben über 800 Azubis ihre persönlichen Geschichten eingereicht, in denen sie schildern, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben und was ihnen an ihrer Ausbildung besonders gefällt. Eine Jury hat die besten Texte ausgewählt und nun wurden die Gewinnerinnen und Gewinner bekannt gegeben.

Besonders hervorzuheben ist der gelungene Beitrag von Frau Kulzer-Eckert aus dem Caritas-Seniorenzentrum St. Raphael. Ihre Erzählung über ihre Motivation zur Altenpflege und die Freude an der Arbeit mit Menschen kann zukünftigen Azubis als inspirierendes Beispiel dienen. Ihre Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, eine Ausbildung zu wählen, die zu einem passt und Freude bereitet.


Ausbildung zur Pflegefachkraft mit 46 – echt jetzt?

Mit beiden Beinen im Leben, im Beruf erfolgreich und dennoch nicht glücklich – das war meine Ausgangssituation vor knapp 3 Jahren. Ich wollte mit Menschen arbeiten statt am Schreibtisch mit Zahlen und Papier. „Jetzt nicht dein Ernst, oder?“ „In dem Alter nochmal lernen?“ Mit derartigen Aussagen war ich nahezu täglich konfrontiert und dennoch habe ich es getan und bin in die Ausbildung zur Pflegefachkraft gestartet.

Und ja, ich war die älteste in meiner Klasse. Dennoch hatte ich nie das Gefühl, nicht akzeptiert zu werden oder nicht dazuzugehören. Ganz im Gegenteil. Ich fand es interessant zu sehen, wie junge Leute so ticken und wir hatten viel Spaß. Wir paukten Anatomie und Krankheitslehre, Pflegetheorien und vieles mehr. Generalistische Ausbildung, was so viel bedeutet wie Krankenpfleger, Kinderkrankenpfleger und Altenpfleger in einem, und das Ganze in drei Jahren – da geht was.

Jeder Einsatz war besonders – ob auf der Neugeborenenstation, im Pflegeheim oder in der Psychiatrie, ich habe viel gesehen und gelernt. Über Krankheiten, Menschen und das Leben an sich. Kein Tag ist wie der andere, täglich neue Herausforderungen, Begegnungen und Geschichten. Aber das ist es, was den Beruf ausmacht. Und trotz aller Herausforderungen gehe ich immer mit dem Gefühl nach Hause, etwas Sinnstiftendes getan zu haben.

Personalmangel, Schichtdienst und Wochenendarbeit, von einfach war nicht die Rede, aber das Positive überwiegt. Der Job als Pflegefachkraft ist vielseitig und so viel mehr als nur Waschen, Einlagen wechseln oder Infusionen richten. Du bist nah dran am Leben und auch am Tod und der Dank ist dir gewiss.

Ohne Teamwork läuft in der Pflege gar nichts. In den vielen Einsätzen habe ich zahlreiche Kollegen kennengelernt. Menschen aller Altersklassen und meistens multikulti. Mit vielen bin ich bis heute in Kontakt und befreundet.

Eines ist sicher – mit einem Job in der Pflege hast Du wohl den sichersten überhaupt. Die Nachfrage ist groß und wird es auch in Zukunft bleiben. Du kannst mit dieser Ausbildung in so vielen Bereichen arbeiten, dich spezialisieren und richtig Karriere machen.

Ich habe es durchgezogen und habe meine Entscheidung keine Minute bereut. Von wegen zu alt. Einige der anfänglichen Skeptiker denken heute ganz anders über meinen Weg und fühlen sich dadurch inspiriert, selbst etwas an ihrer beruflichen Situation zu ändern.

Menschen in schwierigen Situationen zu begleiten, ob im Kreissaal oder einfach da zu sein bis zum letzten Atemzug, das ist mein Ding und ich kann nur jeden ermutigen, seiner wahren Berufung zu folgen – egal wann.

 

Foto: © CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH / Caritas-Seniorenzentrum St. Raphael

von links nach rechts: Frau Kulzer-Eckert, Bewohner Harald Fritsch
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